Data Stewardship

Aus Forschungsdaten.org
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Was ist Data Stewardship

Der sorgfältige Umgang mit Daten ist eine ethische Pflicht und sollte Teil einer guten Forschungspraxis sein. Wenn die Daten richtig behandelt werden, haben die Forscher wesentlich mehr Zeit für ihre Forschung, heißt es in einem Artikel von Nature. Wenn Forschende zu viel Zeit beim Korrigieren von Formatierungs- und kleineren Fehlern verbringen, um die Forschungsdaten für die Analyse geeignet zu machen, ist das eine Verschwendung von kostbarer Zeit und Talent. Deshalb sind Data Stewards an vielen Universitäten im deutschsprachigen Raum längst ein wichtiger Bestandteil im Forschungsdatenmanagement geworden, immer mit einer Schnittstelle zwischen der Wissenschaft und der zentralen Infrastruktur.

Data Stewards unterstützen ihre Forscherinnen und Forscher in ihrem Bereich, d.h. innerhalb ihres Forschungsgebietes, beim FDM im Sinne von FAIR und Open Science. Data Stewards kommen im Idealfall selbst aus der Forschung ihrer jeweiligen Disziplin mit interdisziplinärer Ausrichtung, da Forschung in 2023 über die Fakultätsgrenzen hinausgeht. Sie arbeiten oft in einzelnen mehrjährigen Forschungsprojekten, auch in Sonderforschungsbereichen, oder sie interessieren sich bereits in Graduiertenkollegs für das fachnahe Datenmanagement, während wissenschaftliche Bibliotheken doch in der Regel im allgemeinen eher das generische Forschungsdatenmanagement adressieren. Data Stewards sind Ansprechpersonen für die leitende FDM-Koordination und die Forschenden selbst. FDM-Konzepte für die jeweiligen Bereiche sollen durch Data Stewards geschaffen werden können. Das praktische und aktive Data Stewardship befindet sich überall auf der Welt noch in der Entwicklung.

Definition Data Stewardship

Eine einheitliche Definition des Data Stewardships und einheitliche Definitionen der Aufgaben existieren außerdem bewusst keine, denn überall gibt es andere Gegebenheiten in der Forschungsarbeit.


Data Stewardship TU Delft

Viele Universitäten in Deutschland haben sich die TU Delft mit ihrem Data Stewardship Projekt als Vorbild genommen und Ideen von dort an ihre eigenen Erfordernisse angepasst. Data Stewards sind in Delft auf Fakultätsebene angesiedelt.


Diese Abgrenzung wird inzwischen von vielen Kolleginnen und Kollegen in der FDM-Community als zu eng angesehen, weil ja das FDM immer über einzelne Disziplinen hinweg geht. Der 11. DINI/nestor-Workshop hatte das "Data Stewardship im Forschungsdatenmanagement - Was ist das? Rollen, Aufgabenprofile, Einsatzgebiete" zum Inhalt. In einer Breakout Session wurde über Aufgaben und Rollen diskutiert, z.B. über Schnittstellenarbeit zwischen Forschenden und einer wissenschaftlichen Bibliothek. Data Stewards stimmen sich beispielsweise mit dem Forschungsreferat über Finanzierung von FDM ab. Ein Data Steward muss zwischen unterschiedlichen Gruppen Übersetzungsfähigkeit leisten und führt immer auch ganz spezifische Workshops durch. Es geht in der Arbeit zum Data Stewardship um das Aufbereiten von Forschungsdaten, die Nachnutzbarkeit von Forschungsdaten sowie um eine Qualitätssicherung von Forschungsdaten in aktuellen Projekten und außerdem um disziplinbezogene Qualitätskriterien.

Die RWTH Aachen hat einen sehr informativen Blog zum Forschungsdatenmanagement mit Posts zum Data Stewardship. In den Exzellenzclustern der RWTH Aachen University wird jeweils ein Data Steward gefördert.

Data Stewardship und wissenschaftliche Bibliotheken

Gutes Data Stewardship kann durch wissenschaftliche Bibliotheken unterstützt werden, denn oft sind ja die Bibliotheksmitarbeitenden zentrale Anlaufstellen hinsichtlich der Langzeitarchivierung von Forschungsdaten oder anderen Anliegen. Eine Kernaufgabe wissenschaftlicher Bibliotheken ist die Kompetenzförderung. Die Bibliotheken wirken oft mit den Instituten und einzelnen Fächern zusammen, aber um Kompetenzen fördern zu können, fehlt in den meisten Bibliotheken das gute Personal. Es gibt nur sehr wenige Ausschreibungen von Stellen mit Metadatenbetreuung, Schulungen entlang des Data Life Cycle oder Unterstützung beim Schreiben von Datenmanagementplänen.

Wissenschaftliche Bibliotheken wirken bei der Förderung von medien- und informationsbezogenen Kompetenzen mit, weil diese ihren Aufgabenstellungen und ihrem Selbstverständnis am nächsten stehen. Sie beziehen sich auf das Suchen und Finden, auf das Auswählen und Bewerten, auf das Analysieren und das produktive Verarbeiten von Informationen und Medien in allen ihren Formen und Zugänglichkeiten.

Data Literacy und Data Stewardship

Während sich seit den 1990er Jahren die Förderung von Informationskompetenz in den wissenschaftlichen Bibliotheken etabliert hatte, mit Blick auf Gymnasialschüler und junge Studierende, haben viele wissenschaftliche Bibliotheken in 2023 mit ihrere Beschäftigung von Data Librarians Forscherinnen und Forscher im Fokus und auch die Datenkompetenzen. Neue Trainingsprogramme im Zusammenhang mit Data Literacy entstehen gerade, auch in Kooperationen mit der NFDI.


Data Stewards in den MINT-Fächern

Daniela Hausen, Britta Steinke und Dzulia Terzijska veröffentlichten in Heft 6 der Fachzeitschrift B.I.T.online einen Nachrichtenbeitrag, der über den im Oktober 2022 mit 50 Teilnehmenden stattfindenden Workshop “Data Stewardship goes Germany” berichtet: https://b-i-t-online.de/heft/2022-06-nachrichtenbeitrag-hausen.pdf (Zugriff am 23.02.2023). Hier vernetzten sich Data Stewards aus Deutschland, vor allem aus den MINT-Fächern.


Literatur (kleine Selektion, Stand 27.02.2023)

Steinmann, Lena, und Rolf Drechsler. 2021. „Verzahnung Von Data Stewardship Und Data Science – Wege Und Perspektiven“. Bausteine Forschungsdatenmanagement, Nr. 3 (Dezember). German:82-91. https://doi.org/10.17192/bfdm.2021.3.8342

Griesbaum, Joachim: Informationskompetenz. In: Knackstedt et al.: Kompetenzmodelle für den Digitalen Wandel (wie Anm. 4), S. 67–9

Gesellschaft für Informatik (2018): Data Literacy und Data Science Education: Digitale Kompetenzen in der Hochschulausbildung https://gi.de/themen/beitrag/data-literacy-und-data-science-education-digitale-kompetenzen-in-der-hochschulausbildung/

Martin, N. (2019): Forbes. https://www.forbes.com/sites/nicolemartin1/2019/08/07/ how-much-data-is-collected-every-minute-of-the-day/#3941e8453d66 (Zugriff am 22.02.2023)

Rothfritz, Laura. 2021. „Data Stewardship Als Boundary-Work“. Bausteine Forschungsdatenmanagement, Nr. 3 (Dezember). German:106-18. https://doi.org/10.17192/bfdm.2021.3.8344

Schmidt C, Hanne J, Moore J et al. Research data management for bioimaging: the 2021 NFDI4BIOIMAGE community survey [version 2; peer review: 2 approved]. F1000Research 2022, 11:638 (https://doi.org/10.12688/f1000research.121714.2)

Matthias Scheffler, Martin Aeschlimann, Martin Albrecht, Tristan Bereau, Hans-Joachim Bungartz, Claudia Felser, Mark Greiner, Axel Groß, Christoph T. Koch, Kurt Kremer, Wolfgang E. Nagel, Markus Scheidgen, Christof Wöll & Claudia Draxl, FAIR data enabling new horizons for materials research, Nature (27. April 2022), DOI: 10.1038/s41586-022-04501-x

Sühl-Strohmenger, Wilfried. "Digitale Kompetenz, Informationskompetenz, Medienkompetenz, Datenkompetenz, Schreibkompetenz …? Was sollen wissenschaftliche Bibliotheken fördern und für wen?" Bibliotheksdienst, vol. 56, no. 12, 2022, pp. 729-751. https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/bd-2022-0116/html